Podaj mi rękę swą

Bestellt hatte ich das so nicht. Bin eher zufällig darüber gestolpert. Noch wahrscheinlicher hat 1 mir heimlich ein Bein gestellt. In meiner Lieblingstheorie spielten gar Löcher im Raum-Zeit-Kontinuum eine Rolle. Regenbögen gab es und sicher wären auch noch Einhörner vorbeiflaniert, wenn ich nicht fluchtartig das Areal verlassen hätte.

Nicht, dass mir das etwas genutzt hätte.

Was war passiert ?!?

Eben noch manövrierte ich mit sacht schlagendem Herzmuskel durchs Leben, der mal hier friend crushte und mal da beim Anblick silbrig glitzernder Menschen beim Tanzen aussetzte, aber stets schmuck im Rahmen blieb. Zum Aufhängen an die Wand. Doch dann ging der Rahmen kaputt, alles lief aus dem Ruder und mir über die nackten Füße…und plötzlich stampfte mein Herz in Kalashnikov beats, furchtbar eckigen,  die mir meine Brust unter dem Binder zu sprengen drohten.

Da stand ich nun. Verdattert und ratlos. Mit allerlei frischem sperrigem Gefühlsgut. Wühlte in meinen Hosentaschen nach Worten und fand mich nicht wieder.

Ich hätte gern Dinge gefragt wie „Gibt es das auch als Pizza ?“ oder “ Wo bitte kann ich das umtauschen ?“.

Leider gibt es keine Crushrückannahmestelle : “ Jaa, hier…. also das passt mir gerade nicht so gut…ich muss morgen früh aufstehen, die Revolution wartet auch nicht und ich habe gerade diesen catchy Antiverliebungssong mit meiner Band geschrieben, wie sieht denn das aus ?“

Mir war klar, dass DAS Menschi, wegen dem rundum gut ausgestattete Gefühle die Gegend um das Herz besetzten, auch nur mit Wasser kochte. Das war aber gar nicht das Thema. In seiner Nähe wurde alles weich+füllte sich mit Zart.

Ich versuchte es trotzdem erstmal mit Ringen. Mit mir um genau zu sein. Ich äugte misstrauisch auf die Herzbesetzungsfühls, sie äugten frech zurück. Nahmen sich die guten Kekse aus dem Geheimfach und verschütteten Bier auf der Couch. Ich verweigerte empört ihre Annahme, sie drehten erst recht auf. Stürzten mich ins Chaos.

Dass etwas mit mir passiert war und das nicht so eben vorbeigehen würde, merkte ich als ich versonnen den Bildschirm meines Mobilfunkgerätes streichelte auf dem die ersten Nachrichten des Menschis blinkten.

Na gut.

Ich freundete mich nicht gleich mit diesen Starkstromgefühlen an, aber ich duldete sie. Es gab viele Kämpfe zu absolvieren auf dem Weg dahin, sie hatten etwas mit „Wie-rede-ich-nicht-in-jedem-zweiten-Satz-über-das-Menschi-und-vergraule-all-my-friends“ zu tun und auch mit „Wie-oft-kann-ich-ramontische-Songs-von-againstme-hören-ohne-das-die-Ohren-bluten“…ich meisterte das mit Abzug in den B-Noten.

Womit ich nicht gerechnet hatte:  die Gefühle, die bis jetzt in der Herzgegend randaliert hatten, waren nur die Vorhut.

Was dann kam, war das Mordor der Gefühlspalette. Eifersucht, Neid, Unsicherheit bis zum Mond und zurück. Im Gegensatz zu Einigen halte ich aber nichts davon diese Gefühle wegzudrücken oder mich selbst noch dafür zu zerfleischen. Ich stellte lieber Stühle auf, verteilte die Chips gerecht auf alle Schüsseln und hörte mir an, was sie so zu sagen hatten. Ich habe viel dazugelernt.

Teenage-Me hatte zahlreiche Gastauftritte….es erinnerte mich daran wie 1 Mixtapes bastelt, sich fest um ein Kissen wickelt und träumt, ein Einladung-zum-auf-Dächer-klettern-und-auf-Bürgersteigen-die-Nasen-in-die-untergehende-Sonne-halten-Zine erblickte das Neonlicht meiner Schreibtischlampe. Eine schöne Zeit. Ich war zufrieden mit mir und der Welt. Denn Letztere summt in einem ganz eigenen Ton, wenn du verliebt bist und nachdem mich auf dem jungen Weg in den Tag die siebte Person herzig anblinkte, dachte ich auch nicht mehr, dass das Zufall war.

Die Nächte waren hart. Immer. Tagsüber leise pochendes Sehnsuchtsschnurren verwandelte sich nach Sonnenuntergang in tosendes Riesengestürme. Dass durch den Bauchraum splatterte. Im Hellen nur ein schwacher Fetzen lag es im Dunkeln wie Beton auf mir und drückte mich tief in die Laken. Nicht auf die sexy Art. Das Stöhnen aus nachbarschaftlichen Sommerabendfenstern machte es auch nicht einfacher.

Selbstverständlich habe ich darüber nachgedacht, DEM Menschi mein Herz zu öffnen :

“ Das ist also mein Herz, es klopft sehr hübsch, magst du hören?  Schau hier also wohnt die Liebe zu meiner Wahlfamilie, meinem Bett, netflix und meinen polnischen New Wave Platten…und DA wohnen die Gefühle für dich…ja, ich finde auch, dass das ganz schön viel Platz ist…willst du es mal kurz halten ?!? Ich habe Ketchup dabei. “

Ach nein.

Meine ständigen Begleiterinnen, anxiety und introweirdness, taten den Rest.

Das Schöne in der Verliebung ohne Erwiderung ist ja, dass du die eine gut funktionierende Beziehung führen kannst. Mit dir selbst und deinen Gefühlen und all denen, die sich immernoch tapfer deine Schwärmereien anhören, dich fest drücken und dir erzählen, das alles gut wird.

Du kannst durch die Wohnung hüpfen und dir dabei vorstellen, dass ihr am liebsten zur selben Musik tanzt. Eure Gespräche sprühen wie vegane Schlagsahne und wenn ihr euch schüchtern zufällig an den Händen berührt, rasen drollig glucksende Glücksgefühle deine Nervenbahnen entlang. Zauberhaft.

Wann immer ich das DAS Menschi in ECHT traf, war ich eine wandelne Schockstarre. Wo vorher Sprachvermögen und eine reichhaltige Themenauswahl zur Verfügung standen, durchzogen mein Hirn nun rieselnde Sandstürme. DAS Menschi mochte mich trotzdem. Vielleicht gab es durchaus Momente in denen wir redeten. Wenn ich die Kalashnikov beats leiser drehen konnte zum Beispiel.  Je mehr ich über DAS Menschi erfuhr, desto toller fand ich es. Als wir uns zum ersten Mal zum Abschied drückten, wäre ich danach fast vor ein Auto gelaufen.

Neulich sah ich das Menschi auf einer Party mit jemand Anderen. In Eindeutigkeit verschlungen. In der schönen neuen Polywelt sollte ich ja darüber stehen, deswegen wohne ich auch woanders. Ich lief nachhause, rollte mich unter meiner Kuscheldecke zu einem maunzenden Kringel zusammen und wälze mich seitdem in Cure Liedern.

Irgendwann werde ich auch wieder herauskommen.

Versprochen.

 

Bis dahin: besucht mich ruhig mal…und bringt doch bitte Kekse mit <3.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oh what a feeling

Teil 1

Der Kopf vollgestellt mit Bildern. Weniger schicke Galerie als staubige Kellerparzelle. Die Luft dort muffig und mein Drang das einzige Fenster aufzureißen so groß wie der stolpernd rückwärts zu fliehen…

Ich kann kaum auf meine Eltern blicken. Weil sie als wir verblasst sind und weil sie immer gestritten haben als mein Vater noch da war. Hinter verschlossenen Türen und mir versichernd alles würde gut werden. Dabei ran die Angst durch sämtliche Ritzen und fraß sie langsam auf. Woran lag es, dass nur ich das sehen konnte ?

Kurz bevor er für immer geht sitze ich mit ihm am Fenster, mein Kinderherz pocht hart in kleinen Schmerzen mit den Schritten meiner Mutter. Weg von uns, unterwegs zu irgendeiner politischen Versammlung. Bald wird die Mauer fallen und hier in der Wohnung fallen nur wir. Zurück bleibt Angst, die scheppernd alle Versuche übertönt uns zu retten. Schwerverletzte in diesem Kampf in dem es mich nur als Verhandlungspfand gibt und in dem ich kein bisschen zu entscheiden habe. “ Nichts wird sich ändern. “ sagt mein Vater und LügeLügeLüge, denn alles ändert sich und die einzige Wahrheit, dass nichts so bleiben wird wie es ist.

Meine Mutter und ich sind allein. Sie arbeitet hart und ich weiß nichts davon. Ich merke nur wie müde sie Abends ist. Manchmal gereizt. Traurig auch. Ich strenge mich in der Schule besonders an obwohl ich auch traurig bin. Weil mein Vater weg ist. Manchmal kommt er mich nicht abholen obwohl er es versprochen hat. Ich bin dann gemein zu ihr, die alles tut um die Scherben wieder zu einem Kind zusammenzusetzen. Wenn ich bei meinem Vater und seiner neuenanderenjetzigen Familie bin, überhäuft er mich mit Geschenken und guter Laune. Er erzählt mir, dass meine Mum selbst schuld ist. Wenn ich zu meiner Mutter zurückkehre, bin ich noch gemeiner. Weil ich sie auch für schuldig halte, weil ich von ihr nie mit Geschenken überhäuft werde aber ihr beim Abwasch helfen oder mein Zimmer aufräumen muss.

Meine Mutter kämpft, auch mit ihrem Körper. Dagegen nicht dafür. Ich finde sie trotzdem schön und mich bald nicht mehr, weil ich lerne das nur zählt was Andere über mich denken.

Mein VaterderOnkeldieangeheirateteTantemeineStiefmuttermeineCousins haben alle eine Meinung zu meinem Körper. Er ist zufällig der einzige Körper, der jünger ist und weiblich gelesen wird. Für ihn gibt es einen streng abgezirkelten Kodex. Er wird bei jedem Familienfest begutachtet und die fein justierten Koordinaten in denen er existieren darf, auf die leisesten Abweichungen gescannt. Wo kämen wir auch hin, wenn er einfach ein heranwachsender Körper sein und sich frei entfalten dürfte. Ohne Reglementierung.

Wir sind arm und ich weiß nichts davon. Mir mangelt es an nichts und dass ich trotzdem meinen Hunger nicht stillen kann, liegt nicht an meiner Mutter. Ich verschlinge gierig alles, was nach Leben riecht und komme bald mit dem Verarbeiten nicht mehr hinterher. Ich fange an mein Essen zu erobern, zu kontrollieren, zu überwachen, zu vernichten. Wenn ich kotze, kotze ich auf alles und keiner hat mehr Macht über mich. Diese Kämpfe enden in Magensäure aufgelöst, die mir manchmal in die Lippen ätzt.

Mein Vater wird größer in seiner zunehmenden Abwesenheit, ich erinnere ihn in jedem Kommentar zu meinem Körper jeder einzelnen Person überall.

Meine Mutter wird kleiner weil ich anfange immer länger weg zu bleiben. Ich habe jetzt auch eine neue Familie, sie ist genauso dysfunktional wie die alte, aber sie ist selbstgewählt. Ich verbeiße mich in mein Zugehörigkeitsgefühl so fest wie ich kann und werde vom neuen wir mehr als einmal überwältigt. Wir sind Punks, wir sind die Guten, wir haben die Herzen voll und Köpfe aus Beton.

Meine Mutter glaubt an mich, verteidigt mich vor allen und ich weiß nichts davon. Ich sehe nur wie sie wütend an meinem Krankenhausbett steht und mich anschreit, weil ich hätte sterben können. Ich starre in einen Spiegel und wundere mich lange wie ich hier gelandet bin.

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Milchglas

Erinnerung eingewickelt in Geruch. Nach abgetragenem Leder, F6 Zigaretten und dem süßsauren Geruch von Alkohol unter Schichten wrigleys Kaugummi. Ich schiebe mir Streifen für Streifen in den Mund oder vielleicht berge ich sie auch. Es sind immernoch gezackte Linien darauf, ich fahre ihnen mit den Fingern nach als wäre dort ein Weg hinaus. Moment überzogen mit milchigem Film. Gegoren mindestens. Versuche ihn abzuwaschen. Auswaschen. Schrubben. Schrubschrubschrub. Mit Stahlwollegedanken. Ich will wieder clean sein. Pur. Rein. Mit dem Duft nach billiger Apfelseife und dem Buntwaschmittel für das ich Gutscheine habe.

So ist das mit uns die wir zu lange in den Abgrund gestarrt haben. Aber eigentlich habe ich nicht gestarrt. Schon gar nicht freiwillig. Da hat einer meinen Kopf gepackt, meine Haare erst wegen ihrer Weichheit gelobt und sie dann zu einem losen Knoten geformt. Diesen meinen Knotenkopf mit dem Körper dran zum Abgrund geschleift und mich gezwungen hineinzusehen. Mein Leben aufgehängt an Eisenhaken voll Angst und Blut und Scheiße und Schmerz. Tief eingerammt. In ichweißnichtwas. Fleisch. Körper. Nicht die Seele.

Manchmal kann ich mich nur wundern, dass nicht alle sehen können. Wie das Grauen durch meine Adern wummert, mir ein ewiges Fürchten die nackten Arme herunterrinnt, ich gurgelnd im Abfluss verschwinde.

Dann nur noch ein zartes Glimmen an mich erinnert.

 

Ich starre von draußen auf die Glücklichen, die in Unkenntnis und Nichterfahrung waten. Beneide sie hart während ich durch ihre Augen auf ihre orange leuchtenden Leben schaue und ihnen jeden behüteten Bissen neide.

Ich niste mich ein, ich weiß nicht wo. Ich verpuppe mich, ich weiß nicht in was. Bevor ich mich wieder hinter Notlösungen verschramme zerschmettere ich lieber. Mit einem klirrenden Lachen alle rostigen Verbindungen.

Was übrigbleibt, ist.

The Kids Are ALL Right

Für L. ( und auch ein bisschen für mich…)

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Berlin, 20.09.2014 : Ich bin mit Freund_innen unterwegs zu Protesten gegen den sogenannten „Marsch für das Leben“.  Da sind auch all die Kids und Jugendlichen, die auf der Seite der „Lebensschützer_innen“ mitlaufen. Dreijährige, die Schilder hochhalten ala „Danke Mama, dass du mich nicht abgetrieben hast !“. Das Treffen der Abtreibungsgegner_innen ist als Schweigemarsch konzipiert, umso besser lässt es sich von unserer Seite brüllen, lachen und Musik machen. Aber ich sehe auch, wie Kinder im Marsch erschrocken gucken. Ängstlich. Das tut mir weh. Ich will das nicht. In unseren Reihen sind auch Menschen mit Kindern, aber gefühlt viel weniger. Weil ich vom Gewaltpotential der Abtreibungsgegner_innen weiß, aber auch von dem der sie schützenden Polizei, habe ich das Kind woanders gelassen.

Zuhause muss ich den dort erlebten Gefühlssturm erstmal in kleine verdaubare Happen zerlegen.

Ich überlege, wie ich dem Kind erklären würde, was wir dort gemacht haben.

Als Erstes ist da Wut. Viel Wut. Es ist die Selbstverständlichkeit mit der dort auf der anderen Seite Menschen laufen, die glauben, dass sie mir vorschreiben dürfen wie ich mit meinem Uterus zu verfahren habe…die gleiche Selbstverständlichkeit, mit der sie mir dann absprechen, dass das Kind und ich und alle die sich noch kümmern, auch eine Familie sind.

Ich möchte ihnen ihre Selbstverständlichkeiten vor die Füße mit den schicken Schuhen spucken.

Dieses ganze Gerede vom Schutz des Lebens.

Was für ein gequirlter Haufen Mist.

Das wäre zum Beispiel mein Recht, eigene Entscheidungen zu treffen. Mein Körper, meine Wahl ! Mitnichten.

In ihren Augen gehören Menschen mit Uterus offenbar der Allgemeinheit. Mein Körper als ihr erweiterter Besitz. Ich soll zwar darüber schweigen, wenn ich Blut und Schleim absondere oder es ja nicht wagen, mir selbst Genuss zu verschaffen. Sobald sich in mir aber Zellen teilen, die möglicherweise irgendwann ein Baby ergeben, geht es plötzlich alle an. Ist das päpstliche Brandzeichen auf meinem Uterus eigentlich auch beim Ultraschall sichtbar? Sollte das Kind dann jedoch anders als auf heterosexuelle Art entstanden sein, hat es schon wieder sein Recht auf Leben verwirkt. SO geht das nicht ! Abscheulich ! Da sind sich Leute wie Sybille Lewitscharoff und Co. einig. Sich derart gegen G’tt und die „natürliche Ordnung“ aufzulehnen, kann nur Sünde sein. Ich bin keine Christin*, aber wäre ich eine, würde ich eher davon ausgehen, dass G’tt alle Geschöpfe liebt und es ihr egal ist, wie sie enstanden sind.

Wo bleibt die Sorge um all die Inter*TransKids und queeren Heranwachsenden, die in repressiven Haushalten groß werden müssen ? Sicher auch nicht wenige in den Haushalten der sogenannten Lebensschützer_Innen. Die hohe Suizidrate von LGBTI*Kids dabei erschreckend wie wenig überraschend.

Habe ich all die Märsche und Demonstrationen der „besorgten Eltern“ verpasst, bei denen es darum ging annehmbare Lebensbedingungen für Flüchtlingskinder zu erkämpfen, welchen mitunter sogar das Recht auf notärztliche Hilfe versagt wird ?

Wieso stört es die „besorgten Eltern“ nicht, dass (sexualisierte) Gewalt in den eigenen Reihen so selten Thema ist ? Soll das mich wütend machende Gleichsetzen von queers mit Pädokriminellen etwa von solchen Tatsachen ablenken ? Als fände (sexualisierte) Gewalt gegen Kinder nicht ÜBERALL statt. Noch mehr dort wo Erwachsene denken, dass Kinder ihnen gehören und über sie zu verfügen sie jedes Recht haben. Wo bedingungsloser Glauben an eine Autorität verlangt wird und nicht angezweifelt oder hinterfragt werden darf.  Wo sich die Macht Erwachsener ungehindert ausbreiten kann und Umfeld, näheres und weiteres danach wieder von nichts etwas mitbekommen haben will…wer jedoch wegsieht und zulässt ist mindestens mitverantwortlich.

Wir müssen darüber reden, was Menschen, deren sexuelle Präferenz sich auf Kindern bezieht und die im besten Fall noch nicht pädokriminell gehandelt haben, mit uns zu tun haben. Wenn  75-80 % derer, die dann Täter_innen geworden sind aus dem näheren Umfeld eines Kindes kommen kann das auch bedeuten, dass du und ich nicht nur Betroffene kennen sondern auch (mögliche) Täter_innen. Dies als Möglichkeit überhaupt anzuerkennen fällt schon schwer. Das Feld der rechtspopulistischen Front zu überlassen, die beim großmauligen Fordern der Todesstrafe für Pädokriminelle ohnehin nur weiß-deutsche Kinder meint, schützt aber ganz sicher kein Kind vor Übergriffen. Alles auszusperren und weit von uns zu weisen, was eigene Handlungsweisen anrühren oder einen weiteren Bogen zu gesamtgesellschaftlichen Strukturen spannen könnte, halte ich sogar für gefährlich.

Ich will einen ehrlichen Austausch darüber, nicht zuletzt auch weil von (sexualisierter) Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche manchmal selbst zu Täter_innen werden können. Es muss Platz geschaffen werden für alle A bis Zs, die sich da auftürmen, wo junge Menschen Gewalt erfahren (haben).

Wo bleibt der Aufruhr darüber, dass nicht-weiße Kinder und Jugendliche permanent Rassismus ausgesetzt sind, nicht selten auch durch Erzieher_innen und Schulpersonal ?

Warum  rührt die „besorgten Eltern “ nicht, dass Kinder aus sogenannten prekären Verhältnissen gegen Flüchtlingskinder ausgespielt werden in dieser widerlich-zynischen „Kümmert euch doch erst mal um die Armut hier bevor ihr etwas für die tut“-Manier. Nur um an anderer Stelle genau denselben Kids die Chance auf Glücklichsein mit wenig Geld abzusprechen. Wie es eben gerade passt. Als ob Kids mit armen Eltern nicht auch eine tolle Kindheit haben können, als ob Gewalt oder nicht eine Frage des Kontostandes wäre. Oder der Bildung.

Nicht, dass ich nicht gut verstehe, wie blank die Nerven liegen können, wenn das Geld nicht für die Miete reicht oder das Essen rationiert werden muss. Wenn einer*die Existenzangst säurige Löcher in die Magenwand brennt.

Wo sind sie eigentlich die ganzen „besorgten Eltern“ und „Lebensschützer_innen“, wenn es darum geht Hebammen zu supporten, die doch neben den gebärenden Menschen selbst die wichtigsten Menschen bei einer Geburt sind ?!?

Diese „besorgten Eltern“ sorgen sich in Wahrheit um ihre Privilegien. Unter dem Deckmantel vermeintlicher Nächstenliebe und dem angeblichen Schutz jedes Lebens liegt auch nur altbekanntes patriarchales Besitzdenken, dass Frauen* und Kinder nicht sich selbst sondern dem „großen Vater“ gehören. Alle Kinder sind wohl gleich, aber manche eben gleicher…und wer es wagt an der heteronormativen Ordnung zu rütteln muss mit allen Mitteln bekämpft werden.

Dass viele christliche Fundis Teil der Neuen Rechten sind, die überall in Europa wächst, ist nur ein weiteres Indiz, worum es den „Lebensschützer_innen“ wirklich geht.

 

Ich schreibe auch als das Kind, der Teenager, der Ablehnung von einem seiner Elternteile erfahren hat…weil ich bin, was ich bin.

Diese Wunden können kaum verbunden werden, heilen nur schlecht: Sich nicht angenommen, missachtet und ungewollt zu fühlen von denen die uns zuerst am nächsten sind und uns ihre Akzeptanz und Liebe verweigern, uns wehtun…ein wahrlich schlechter Start ins Leben.

Trotzdem gibt es auch für uns dieses gute Leben. Mit Menschen, die uns achten, respektieren, lieben. Wie wir sind…

…und weil nicht DNA eine Familie macht sondern Liebe, sind wir auch eine.

Egal, was manche sagen mögen.

Zum Schluss noch ein paar Worte an die, die sich selbst als antidiskriminierend und emanzipatorisch verstehen und dann trotzdem Sachen sagen wie „Ich mag keine Kinder !“ oder sich in linken Räumen immer von Kindern gestört fühlen und nicht davon ausgehen, dass Politik machen auch mit Kids zusammen möglich sein muss:

Ihr seid Teil des Problems.

Habt ihr vergessen, dass ihr selbst mal Kinder wart ? Das Kindheit für die Meisten von uns die erste Erfahrung mit Ohnmacht darstellte, mit dem Gefühl von Unterlegenheit gegenüber den Erwachsenen….und wie passt das alles eigentlich mit eurem anti*istischen Anspruch zusammen ? So sehr ich auch die Angst und die Unsicherheit im Umgang mit kleinen Menschen verstehen kann, so sehr ich selbst die „heilige“ Gleichung MutterVaterKind in Frage stelle und der Volksgesundheit mehr als einen Schnupfen wünsche, kann ich so eine Haltung nur daneben finden. Weil Kinder nämlich auch Individuen sind, kleine Personen mit dem gleichen Recht auf Achtung und Respekt und Wahrung ihrer Würde. Ihr spielt den „besorgten Eltern“ und selbsternannten Lebensschützer_innen damit nur in die Hände…

 

Alles Gute zum Kindertag ❤ !

 

Vielen Dank für die Formulierungshilfe an @theRosenblatts ❤

Hinter dem Staub

Töne rollen unter meine Haut, weiches Ausbreiten in die wachende Dunkelheit. Ich lehne mich an scheu funkelnde Gedanken und reiche ihnen vorsichtig meine Hand. Es ist soviel Aufruhr und Liebe in ihnen, ich kann sie nur noch in die große weite Welt hinausschicken.

Was verbirgt sich in diesem zittrigen Leuchten in meiner Brust ? Wie gerne huldige ich der Zartheit in jedem Atemzug. Was mir einst entglitt, fließt moosgrün perlend in meine Adern zurück. Ich schmecke Erde und Schmerz und es ist ein Schreien und Blut und Tränen. Doch darauf wachsen Federn, bald schon ausgewachsene Schwingen und der Blick zurück ist nicht mehr meiner.

Wie gern hätte ich dir erzählt, was mir Spitzen in meinen wimmernd wummernden Herzmuskel trieb, aber wortgebaute Rettung gab es nicht. Ich musste tiefer tauchen und weiter schwimmen als je zuvor. Ich bin nicht, was mich zurückließ. Wo ich gewesen bin, hörte ich auf zu existieren. Fesseln aus eisenharter Unaussprechlichkeit hinterließen aufgeriebene Abdrücke auf meiner heißen Haut. Überall.

Hier treibt Sehnsucht Fell und schnurrt samten an mich heran. Schon tanzen wir zu Rae Spoons “ Ocean Blue “ und es kann nicht besser sein. Den letzten Schluck Musik trinke ich hastig und verschwinde verwundet durch die Hintertür…ich kann mich nicht nochmal riskieren.

Lieber umarme ich Traurigkeit, alt gewordene Freundin. Ich kenne sie gut und verstehe kaum die Angst der Anderen. Sie ist schön und gnadenlos und trägt den Abgrund wie ein Lachen auf ihren Lippen.

Wie hungrig ich geworden bin. Bevor ich dich zerfleischen kann, gehe ich. Immer voran. Immer jetzt. Würde ich morgen sterben, würde ich mich trotzdem nicht von deinem Hätte aufhalten lassen.

Ich habe dich endlich abgestreift.

Dahinter ist nur, was noch nicht war.

Follow you

Vielleicht.

War es Zeit. Dieses zur Unverbundenheit zerfledderte Beziehungsgeflecht mit ein paar Zweifeln mehr zu begießen und es verendet ganz.

Vielleicht.

Habe ich nochmal Verwendung für die mit gestärkten Bettlaken überworfenen Gefühle. Irgendwann.

Vielleicht.

Sind mir die Flammenwerfergedanken ausgegangen. Um alles anzuzünden.

Vielleicht.

Kann ich hinter deiner Freundlichkeit die Verachtung schimmern sehen.

Vielleicht.

Habe ich Graupeln im Mund und Dunst im Hirn, wann immer ich mit dir rede.

Vielleicht.

Treten sich die Alternativen gegenseitig auf die unverputzten Schuhe. Stolpern. Straucheln.

Vielleicht.

Will ich mich ins Unendliche ausdehnen und diese hochaufgeschütteten Wälle von Hattekennewarichschon zerschmettern.

Ganz bestimmt.

Bin ich angekommen.

Bei mir. Nirgendwo sonst.

Auch wenn dein nebliges Abzugslächeln noch über allem schwebt.

Folgen.

Werde ich nur mir.

The Sea (An Ode To The Thing That Separates Us)

An einem Ort gestrandet, wo sonst kein Mensch ist. Seltsam, wie gut das ist.

Auf diese eine Blaupause starren und nichts wiederfinden. Koordinaten verrutscht, eingezeichnete Linien begangener Wege verwischt, Verbindungen gekappt.

Ich habe mich verlaufen.

Das Neue schon sichtbar und das Alte noch lange Schatten werfend. In denen ich mich vorm allzu grellen Licht schütze. Mich verstecke. Vor Ansprüchen Anderer. Vor Forderungen, die  ich weder erfüllen kann noch will.

 

Über allem weht Schmerz. Körper, Gedanken, Gefühle. Alles ohne Namen. Alles tut weh.

Was ist dieses “ Ich “ ? Identifizierung nicht möglich, Identifikation nötig.

Ich folge dem Schmerz in Erinnerungen, taste mich an uralten Narben entlang zum Sinn des Ganzen.

“ Gehe da nicht allein rein, es ist zu früh zu spät zu verworren…du wirst die Orientierung verlieren.“ ruft er mir warnend zu. “ Das ist längst passiert, aber wenn ich einmal  hier bin…“ lache ich. Weine ich. Oft Beides im dysfunktionalen Takt.

Ich bin hier und da nicht zum ersten Mal.

Ich verstehe es nicht, aber ich fühle mich irgendwann wieder gut…solange ich allein bin. Oder mit dem Kind. Alle anderen sozialen Kontakte, egal auf welche Art: vor allem schwierig. Zähle alles mit, jede noch so winzige Irritation, jede kleine Schieflage zwischen mir und den Anderen. Sammle Kränkungen an und füttere damit unwillentlich meine Unsicherheit.

Als gäbe es nichts Anderes. Was nicht stimmt. Nur die Unsicherheit: sososo gefräßig und alles verschlingend…ich bekomme Angst vorm Rausgehen. Ich bekomme Angst davor, Leute zu treffen. Vor allem die, die ich mag.

ANGST.

So große, dass ich zum ersten Mal seit ewig darüber nachdenke, Hilfe von Fremden anzunehmen. Sogenannte professionelle, obwohl ich das als nicht zutreffend empfinde. Der einzige Profi in Sachen ich bin ich. Wenn ich nur wüsste, wer oder was das ist.

Überhaupt: Hilfe annehmen. Oarrr. Das fällt mir so schwer. Vielleicht auch, weil ich so verdammt oft dieses Jahr KEINE Wahl hatte…wie auch schon das Jahr davor. Vielleicht auch, weil ich mir letzlich immer aus allem selbst herausgeholfen habe. Vielleicht auch, weil ich es gewohnt bin, in Krisenzeiten immernoch überragend zu funktionieren…um die Abwesenheit von Krisen dann als eigentümlich zu empfinden.

Sich stellen oder weglaufen. Nicht genug Zeit haben, sich das zu fragen. Weil ich mich noch um mehr als nur mich selbst kümmern muss.

Nur dass sich das mit dem Kind nicht nach Müssen anfühlt. Woran liegt es nur, dass an dieser Stelle immer alles gut ist. Auch wenn es kracht und scheppert. In mir und um uns herum.

Weich und warm. Flauschhöhliges Geborgen.

Es ist schön hier und alles ist klar. Ich liebe. Oh, dieses Kind. Die Art, wie es in die Welt sieht, in sie hineingeht und mit zu uns nach Hause bringt. Sich und mir erklärt. Mit dem Kind gibt es kaum Platz für Furcht. Ich bin DA, ich bin schon groß und das Kind nicht mehr so klein, glucksend hole ich Zuneigung aus allen Ritzen hervor und gebe sie dem Kind. Während ich mich trotzdem wundere, dass sie offenbar niemals versiegt. Wie wir zusammen Sinn machen und wenn es nur ist, “ damit die Wohnung nicht alleine ist, Mama.“ In der Welt des Kindes ist der Bus zum Kinderladen zu spät, weil er schließlich auch mal schlafen muss. Der Bauch hatte eben noch Hunger auf Schokolade, da kann ICH nichts machen, isso . Nein, ich hab’jetzt keine Zeit…das neue Lieblingskuscheltier, eine rosa Schweineflauschigkeit, weint und blutet ein bisschen, siehst du das nicht…ich muss es trösten, warte mal, ohhkeyyyy ? Zum Dritten Geburtstag wird GANZ Kreuzberg eingeladen, das schließt auch den einen Rauschebaum mit ein und die großen Krähenvogel, die sich immer auf die Autos setzen ( Wohnen die da, Mama ?). Der unsympathische Kinderarzt wird mit einem “ Hej, du musst fragen, das ist MEIN Fuß“ auf unbedenkliche Größe gestutzt und überhaupt…wie es dafür seinen, aber auch meinen Freund*innen über alle Wege traut. Ich kann nur staunen und lernen. Kaum glauben, dass das auch was mit mir zu tun haben muss.

Ja, so ging das wohl.

Manchmal schaffe ich es jetzt wieder mein Selbst-Bewusstsein mitzunehmen. Über die Türschwelle und raus in das da Draußen. Lange Zeit endete unser gemeinsamer Weg dort.

Offenbar habe ich jetzt eine Panzerhaut und als ich sie näher betrachte, sehe ich, dass ich sie gemacht habe. Wenn ich mich nur erinnern könnte.

Immerhin: sie schützt mich. Nach dem langen Rückzug fange ich wieder an, mich zu ver_wehren.

Meine alte Freundin Abgrenzung. Vielleicht noch mehr da, wo Menschen, Situationen, Zustände mir nicht guttun. Manchmal einfach gehen und nicht umgucken. Sich selbst an erste Stelle setzen, auch wenn es sich komisch ungewohnt anfühlt.

Wie ich bisweilen Menschen bewundere, die gezielt durch ihre Leben (zu) spazieren (scheinen). Mein innerer Kompass ist außer Funktion und das kümmert mich nur immer im Verhältnis zu Anderen. Da dann gewaltig. Weil es für alles ein Haltbarkeitsdatum zu geben scheint, auch für die Suche nach deinem Platz in der Welt.

Ich hatte jedenfalls das ganze Jahr solchen Hunger nach Meer. Dabei hatte ich es die ganze Zeit in mir.

Take On Me

.

..

1, 2, 3

Gedanken von Gefühlen schälen und über alles Wortverpackungen kleben fällt mir schwer dieser Tage. Schreiben wie an Steinbrocken lutschen…sperrig und unergiebig.

Ich war nun eine lange Zeit überall nur nicht bei mir. Keine Zeit für mich, meine Baustellen inklusive. Bis der Bauschutt von dort einfach alles bedeckte, ignorieren und weitermachen nicht mehr möglich.

Dabei war ich oft schon im gängigen Funktioniermodus überfordert. Ständige Fehlermeldungen flogen mir links und rechts um die Ohren. Das Kind ausgenommen habe ich gerechterweise alles Andere gleichermaßen schleifen lassen und die Ergebnisse davon schliffen mich dann runter bis auf die Knochen. Vor allem meine finanziellen Sorgen eine ätzend-säurige Substanz die mich bis auf meinen kleinsten Nenner zersetzten. Im Kopf mit lauter Ausrufezeichen versehene Pläne das Ruder rumzureißen, mir wieder mal selbst auf die Beine zu helfen. Kaum möglich letzlich, gefühlt eher von einem überquellenden Problemloch zum nächsten rennen.

Mich mittendrin dann plötzlich verlieben. Großangelegte Klopfzeichen in der Herzgegend. Beats, die mich irritieren wie freuen.

Später auch schiefkreischende Angst auslösen.

Trotzdem/Gerade wegen all dem blüht das Leben sich durch die kleinen Risse im Überlebenskampf. Das wunderbare Kind, meine großartigen Freund*innen, ich in schwarzen Pseudochucks, wie ich das alles wuppe. Sonne im Gesicht, kalte Club Cola Mate in der Hand, Glitzer in den Haaren.

Themen, die ich längst abgeschlossen und eingemottet glaubte zerren zusätzlich an meinen Nerven und kurzzeitig hatte ich ihnen wirklich nichts mehr entgegenzusetzen, es scheppert gewaltig in meinen Ohren als ich auf hinter mir gelassen geglaubten Boden knallhart aufpralle…nur ist das nichts Neues, diesmal jedoch anders.

Ich bin vielleicht überrascht, weil es nochmal so kracht, alles, ich meine A-L-L-E-S so durcheinanderwirbelt, was ich bisher für befriedeterledigt hielt, wo ich mich angekommen dachte.

Ich merke aber…hinter all der Anstrengung, all den furchtbaren Nächten in denen ich meine Gedanken bewache und mir Pragmatismus überstülpe wie eine Tarnkappe…dahinter merke ich, das muss jetzt so und es wird besser.

Es ist schon besser.

Winzig fühlte ich mich dort, völlig unsicher woher der Wind weht. Kleines Kind auch innendrin, wünsche ich mir zusammengeschrumpft auf das Wesentliche, das zum Leben tatsächliche Notwendige nichts sehnlicher als das mich auch mal 1 an die Hand oder auf den Arm nimmt und mir sagt:

Alles wird gut, du kannst auf mich zählen.

Es hilft so sehr, dass da Leute sind, die mich liebhaben.

Doch das hier…das muss ich selbst machen. Vom Kleinsten auf und nochmal von vorn. Sonst schmettert es mich wieder völlig in den Hintergrund während ich bewundernd und staunend auf gemochte Menschen blicke. Ich mag mich auch gern, aber wenn es mich wieder wegfegt ob des Tollseins Anderer besteht eine große Gefahr mich und meine ureigenen Angelegenheiten aufs Nebengleis zu verabschieden.

Immernoch.

Also nochmal zurück, aufräumen, durchfegen und dann endlichendlichendlich auf zu all dem, was da noch drängelnd vor der Tür rumlauert.  Mit Anstrengung daherkommt, bizarr glitzert, wütend leuchtet, seltsam lieblich duftet, neue Lieder bringt.

Ich bin gespannt. Von hier bis jetzt.

Wär’schön, wenn ihr dann auch noch da seid <3.

Menschen, Mythen, MUTTIationen

Der folgende Text erschien auch in der achten Ausgabe des Queerulant_innenmagazins. Eine englische Übersetzung findet ihr hier
Ein Abgesang
Intro
Ich war auch vorher nicht frei. Zumindest hatten die strukturell geschmiedeten Ketten aber eine hübsch ordentliche Länge und so konnte ich mir manchmal wirksam einreden, dass sie gar nicht da wären.

Freiheit. Was auch immer das bedeutet für dich.

Für mich meint es auch das Privileg der Wahl zu haben.

Werden und Sein, was ich bin um leben zu können, wie ich will. Zusammen mit denen, die mir wichtig sind.

Ohne Ab_Bewertung, Kommentierung, Unterdrückung. Gar Schlimmeren ausgesetzt zu sein.

1.Strophe

Die Feststellung, dass ich nicht krank sondern schwanger bin, erfolgte parallel zur Erkenntnis, dass ich mich lebensverändernd geirrt hatte. Gleichberechtigung™ in leuchtenden Bustaben nun also auf eine Familienpackung geklebt. Der Inhalt unverändert. Vom Menschen zur Nur-Noch-Abgesandten meines Uteruses in weniger als neun Monaten. Frondienste folgend. Jegliche Rechte abgetreten an die heilige Mutter. Am Ende vollständige Muttiation.

Eine Ode an die Unfreiheit.

Wenn tatsächlich mehr erreicht wurde als das vielbesungene Neue Väter am Wochenende in durchgentrifizierten In-Bezirken Buggyschaulaufen betreiben, warum fehlt es dann immer noch allerorten an sicht- und spürbaren Konsequenzen ? Wenn von diesen dann – im immernoch seltenen Fall, dass ihre Elternzeit mehr als einige Monate beträgt – umgehend Bücher niedergeschrieben werden oder sie die Feuilletons namhafter Tageszeitungen mit ihren Leidensgeschichten befüllen müssen, bekommt das am Ende nur wieder den Stempel BESONDERS. Ein in Worte gegossenes Denkmal um die VORBILDLICHE AUSNAHME zu zementieren und sich in weiten Kreisen feiernd um sich selbst zu drehen…an der Machtverteilung ändert dies nichts.

Zwischentöne

Als Betroffene von sexualisierter Gewalt habe ich lange darum gerungen, wieder in meinem Körper anzukommen. Jetzt war ich nochmal ganz anders und neu auf Körperlichkeit zurückgeworfen und bestaunte von irritiert bis zuversichtlich, was sich da monatelang abspielte. Über allem die Befehls- und Vermessungseinheiten, welche strikt zu befolgen eine schwangere Person heute angehalten ist. Tust du es nicht, machst du dich sofort des (beginnenden) Rabenmuttertums verdächtig. Eine weitere erfolgreiche Strategie aus dem vielfältigen Sortiment von Disziplinierungsmaßnahmen, die den weiblichen Körper im Fokus haben und auf diese Weise Vereinahmungen jedweder Art zu legitimieren versuchen.

Das ich auch in diesem Zeitraum über mich lernte, dass ich nicht cis bin, alles andere als Zufall. Je mehr Menschen um mich herum darauf bestanden, dass ich mich in der Hochphase meiner Weiblichkeit befände, desto klarer wurde mir, dass das für mich nicht zutrifft. Ich fühlte mich auf eine wohlige Art sonderbar in diesem Körper, der solange nicht für mich gewesen war…ich wollte das genießen und mich nicht (wieder) mit den Zuschreibungen Anderer beschäftigen und rumärgern müssen.

2.Strophe

Verblichene Abziehbilder der Mutter dienen als Basis, vermeintlich angereichert mit neuen Hochglanzcovern ala workingmum. Das nicht nur Frauen schwanger werden und Familie nicht gleichbedeutend mit VaterMutterKind ist hat hier keinen Platz. Die Mutter bleibt doppelt biologistisch aufgeladenes Scharnier, dass für den heteronormativen Systemerhalt sorgt. Verwehrt sich eines dagegen, wird es spätestens über das Kind in altbekannte Schablonen zurückgedrängt. Familie™ muss bleiben, was Familie™ schon immer war. Alle, die es anders machen oder wollen nur zu diskreditierende Deserteur*innen.

Ich hatte nicht vor, Teil eines MutterVaterKindensembles zu werden. Bereits in meiner Schwangerschaft diskutierten Freund*innen und ich, wie mögliche Elternativen dazu aussehen könnten, entwarfen Pläne, lachten und fürchteten uns. Nachdem das Kind dann geboren war, gab es fürs Erste weder Raum noch Zeit um weiter daran zu arbeiten. Theorie es anders zu gestalten ab da an ein einziger Luxus, den ich mir in der Praxis nicht mehr leisten konnte. Abgedrängt in eine völlig eindimensionale Auslegung von Mutterrolle. Einzunehmen jetzt und gleich, fest eingebettet in einen präzise abgezirkelten Verhaltenskodex. Bei Nichteinhaltung Maßregelung durch die gesamte Umwelt, vor allem auch durch andere Mütter (die Solidarität endet immer bei „meinem“ Kind!). Vielfalt in Kindererziehung und ein scheinbar erweiterter Familienbegriff- letzlich ein weiteres Märchen Verwertungslogik des freien Marktes. Nur soweit gültig, wie es nicht wirklich an Althergebrachtem rüttelt und ökonomisch nutzbar gemacht werden kann.

Ein neues Lied anstimmen ?!

Den Begriff der “ Mutter “ zu hinterfragen, ihn Stück für Stück abzutragen und durch das Skalpell der Dekonstruktion freizulegen, was darunter wirkmächtig funktioniert ist (m)ein möglicher Weg. Anzufangen fernab von limitierenden Einbahnstrassen in Richtung Weggabelung zu laufen um andere Variationen und Konzepte gelebter Elternschaft zu erkunden.

Outro

Dabei geht es mir nicht darum diejenigen anzugreifen, die sich mit dem Mutterbegriff identifizieren (können) und diesen in ihrem Sinne ausfüllen, sondern Platz zu machen für die, die sich darin nicht wiederfinden. Ich habe viele großartige Menschen getroffen, seit dem das Kind auf der Welt ist, die mit hochhausgroßen Ladungen Wunderbar ihre Wege of Elternschaft gehen…viel zu oft steckt zudem hinter angeblich konstruktiver Kritik von Mutterschaft- von der arroganten Betrachtung sogenannter Mamablogs (die eigene Abgrenzung von selbigen plus Abwertung anbei) bis zum alleinigen Verantwortlichmachen von Müttern für alles Unheil in der Welt- erneut nur Misogynie in unzähligen Facetten…mal mehr, mal weniger geschickt getarnt.

Das Kind lehrt mich Menschsein neu, erinnert mich daran, was wirklich zählt und über allem alles einmummelnde orangegelbe Riesenliebe. Was mich aber nur noch mehr daran Anstoß nehmen lässt wie eng mir die Mutterrolle ist, wie wenig sie in stereotyper Ausführung mit mir und meinem Leben zu tun hat.

Familie und Elternschaft ist für mich das, was ich daraus mache, es ist kein starres Konstrukt, sondern liquide und den Bedürfnissen aller Beteiligten angepasst oder zumindest dies als Anspruch, der den Weg beleuchtet. Sie schließt in meiner praktizierten Version Freund*innen ebenso ein wie mir liebe Menschen meiner Verwandtschaft. Ich würde gern noch viel mehr Kinder in die Welt begleiten und ihnen beim Raum-Einnehmen und Größer-Werden zusehen…aber ich möchte nie wieder und unter keinen Umständen in diese biologistische backlash Hölle zurück, in deren Richtung ich in meinem schwangeren Körper geschubst wurde und die ich noch nicht lange wieder verlassen habe.

Oder etwas frei nach Räuberhöhle : Ich will kein Teil von diesem Mist sein.

 

 

(Not) Just Tonight

Als ich gestern morgen um halb Zehn in die gleißende Morgensonne trete, bin ich verschwitzt, müde und glitzernd glücklich eingefärbt.

Ich hatte die ganze Nacht getanzt, geredet, gelacht.

Beim Brüllenneuinterpretierenpantomimischdarstellensingen einschlägig bekannter Hymnen polnischen Haselnusswodka konsumiert.

Ich neige zum Allesummichvergessen, wenn ich einmal die Tanzfläche betreten habe. Ein wunderbarer Zustand. Nur begrenzt durch an-und abschwellende Achtsamkeit möglichst k1 durch meinen ausufernden Tanzstil ins k.o. zu entsenden.

Ein leichtes Ziehen im rechten Unterschenkel und der kleine Tinnitus in den Ohren (den richtigen Abstand zur nächsten Box immer gut abschätzen, Freund_Innen der Nacht! ) werden die nächsten Tage mein roter Faden zurück in die Erinnerung.

Seit einigen Wochen vergrößert sich mein Raum zum Leben. Breitmachen kann ich mich. Wieder. Eingepfercht in den Panzer ökonomischen Zwangs habe ich seit Mitte letzten Jahres so kämpfen müssen wie lange nicht mehr. Nichts aber auch gar nichts Heldinnenmäßiges darin. Ich habe sie wirklich satt, diese Armut-Romantiker_Innen. “ Ist ja irgendwie auch toll, wie genügsam es doch geht“, “ Wie du das alles schaaaffst“. Klappe halten ! Bitte ! ICH HABE KEINE WAHL, alles klar ?!? Armut macht kaputtkleineinsam. Selbst wenn du um Zusammenhänge weißt- nicht das viel Zeit wäre darüber lange nachzudenken- es schützt nicht vor dem Gefühl total versagt zu haben.

Auch wenn ich aufgehört habe, mich zu schämen…ich habe lange gebraucht um meinen Optimismus und meine Wut freizuschaufeln. Begraben unter soviel Druckdruckdruck. Das (fehlendes) Geld nach wie vor Tabuzone ist, habe ich selbst bei mir nahen Menschen entdecken müssen. Betretenes Mehltauschweigen dann, das alles belegt.Von den eigenen Neidgefühlen noch gar nicht angefangen, die Löcher in die Herzgegend fressen, wann immer Leute sorglos über ihre letzten Fressparties in teuren veganen Restaurants redeten oder das neueste Tattoo und trotzdem Endlosschleifenjammern, was sie alles nicht konsumieren können.

Ich bin froh bis zum Mond und zurück, dass ich nicht allein bin. Gleichzeitig zu allem Überlebenmüssen mutmachende Solidarität.

Offline. All die Liebgehabten um mich herum.

Online. Da können auch loboische Wiederkäuerdudes und pseudofeministische Bloggerinnen nichts dran ändern, die behaupten das Internet, z.B. bei Twitter wären „kaputt“ oder „sektuös“.

Immer.

Jetzt stehe ich also hier und fühle mich frischgeschlüpft. Phönixlike.

Vorsichtig taste ich mich aus der Schale, wische mir Eihaut aus dem Gesicht und freue mich über wärmende Begegnungen. Zeitrasereien wehen über intensives Reden hinweg. Eine schöne Frau*mit blauem Teddyshirt. Die Unbekannte, die meine Hand nimmt und mit mir tanzt. Eng. Losgaloppierendes Sehnsuchtsplärren.

Blicke nach Frühling. Schnell wachsende Hoffnungspflänzchen. Alles mit Lebensfreude gießen.

Nicht nur heute Nacht.