1 Jahr zuvor :
Ich versuche zum 3. Mal eine ganz bestimmte Folge Grey’s Anatomy anzusehen – Mutter + Kind sind darin wohlauf nach kompliziertestem Geburtsverlauf . Da überrollt mich plötzlich eine ordentliche Schmerzwelle of Kontraktionen, mir bleibt die Luft weg und für Zweifel kein Platz mehr : DAS waren zum ersten Mal richtige Wehen (O-Ton meiner lieben Hebamme : Wehen kommt doch auch von wehtun, harharhar. Sehr witzig. Mmpf. )…ich „veratme“ ( lautmalerischer Euphemismus für auuuaaaaaaahhhh ) alles + belle dann meine Mutter und das andere Elter des kleinen Wusels in 3 Sprachen an, dass es nun LOSGINGE.
Das Taxi wird geordert, die diensthabenden Hebammen informiert. Gleich zweimal…denn erst: „Klar,in 2 Stunden Treffen reicht völlig , die Wehen kommen in 9 Min Abständen, alles wunderbar. Nach weiteren 40 Min aber : „Neeeeeeeein..die Wehen kommen jetzt in 3,4 Min Abständen+es tut echt weeeeeeeehhhhhhhhhhhhhhhhhhh“ !!! Ich denke voll nackter Angstleicht besorgt ‚Ach du Schei**,wenn das JETZT schon so schmerzt,was soll denn das noch werden…zumal wahrscheinlich stundenlang‘. Später ergibt alles Sinn, da ich in 2 Stunden und zehn Minuten mit Gebären durch sein werde. Was ich aber in diesem Moment noch nicht wissen kann.
Die Taxifahrt ist typisch X-Berg und unterbrochen von viel ahhhhhhhhhhhh+uhhhhhhhhhhhh ergibt sich in den nä 7Min (gefühlt eher 7 h ) folgender Dialog :
aMv: „Ja,hallo…ich krieg’jetzt ein Kind, aber nicht in ihrem Taxi. Versprochen. “
Taxifahrer: „Ja,ähh…öhh…na dann…Glück auf oder wie sagt man ?!? “
aMv: „…und wenn ich ab+an mal brülle,machen sie sich keinen Kopf, das muss so, das sind nur die Wehen. “
Taxifahrer: Ahhja…ähh…Ich fahr dann mal los, oooook?
Er fährt dann recht flott+ich merke zwischendurch, dass er sich WIRKLICH Mühe gibt, nicht JEDES Schlagloch mitzunehmen. Eins könnte seinen Bleifuß als durchaus panisch bezeichnen und die Töne, die er beim Fahren von sich gibt bündeln sich zusammen mit meinem anschwellenden Stöhnen und den unterdrückten Glucksern vom anderen Elter zu einer grandiosen Kakophonie.
An der Eingangstür des Geburtshauses öffnet uns eine Schwangere, die bei meinem Anblick ganz blass wird ( die nächste Welle Wehen stürmt heran + irgendein Kurs ist noch im Gange)…es steht ihr ins Gesicht geschrieben, dass ich ihr gerade unheimlich Lust auf die Geburt mache.
Ich schaffe es noch aus den Armen von Hebamme 1 (sie wird später erzählen, dass sie bis zum Kerzen anzünden gekommen sei bevor wir Sturm klingeln) auf das Bett niederzusinken und befreie mich mit ihrer Hilfe von Beinkleid und Hemmungen. Die gesamte Eröffnungsphase habe ich offenbar schon zuhause beziehungsweise im Taxi verrichtet, so können wir direkt starten. Uaahhhhh !!!
Meine Mutter (die leider laufen musste) legt eine Strecke für die sie normalerweise eine gute halbe Stunde braucht, dieses eine Mal in rekordverdächtigen 15 Minuten zurück. Sie kommt just in dem Moment dazu in dem ich mit meinem Schreien neue olympische Höhen erreiche. Ich breche währenddessen fast den Arm vom anderen Elter, aber er ist ein wahrer Begleiterheld und zuckt nicht mal mit der Wimper. Meine Mutter leuchtet schnell leicht grünlich im Gesicht und weint. Zumindest erinnere ich das so, aber ich war mitunter a kind of abgelenkt, also keine Gewähr . Es ist aber ganz sicher ein hartes Brot das eigene Kind so in Pein gekrümmt zu sehen.
Die Schreie dringen wohl bis weit nach Draußen, denn Hebamme 2, die später noch dazukommt, lässt ihr Auto einfach im Halteverbot stehen + eilt zu uns.
Nun wird die Erinnerung etwas nebulös, nur noch Schichten von laut tösenden Schmerzen durch die ich mich durcharbeiten muss + klitzekleine Pausen,in denen mir die Haare aus dem Gesicht gestrichen werden und ich trinke wie eine Verdurstende bevor ich in den nächsten Schmerz taumel.
Hebamme 1 macht mich darauf aufmerksam, dass die Fruchtblase noch intakt sei und ich kann zwischen meinen Beinen etwas ertasten,dass sich wie ein prall mit Wasser gefüllter Luftballon anfühlt und da drinnen bereits den kleinen Kopf.
Mit den nächsten drei vier Wehen ( bei denen ich das Gefühl habe,dass ich auseinandergerissen werde und etwas in mir für immer kaputtgegangen sein muss) kommt das kleine Wusel samt Glückshaube in die Welt …auf den Tönen von Alina Orlovas ‚ Ramuma ‚ .
Dann ist da nur noch überwältigendes worteundjedensonstigensinnsprengendes Wahnsinnsgefühl von GlücklichSein + schwerster erdiger Erschöpfung. Ich entledige mich meiner schwitzigen Sachen und liege Haut an Haut mit meinem Baby,welches kleinzartundschönschmodderig auf meiner Brust liegt,unglaublich drollige Töne ausspuckt + überhaupt nicht schreit,ja nicht im Geringsten verschreckt scheint. Die Hebammen machen dafür die Fruchtblase verantwortlich, die bis zum Schluss wie ein Puffer gewirkt haben soll.
Nach insgesamt 5 Stunden sind wir wieder zuhause+ ich schlafe 3 TAge kaum…so hormonüberdosiertseeligverpeilt bin ich.
Wir werden die nächsten Wochen alle Zeit der Welt haben uns kennenzulernen.Wir sind pulsierende Lebendigkeit. Ein monumentaler Moment, den ich tief in inneren Stein meißel und mit lachendweinender KomplettErfasstheit verziere. Jetzt. Hier. Danke.
Witamy,kleines Wusel…herzlich willkommen.