Erinnerung eingewickelt in Geruch. Nach abgetragenem Leder, F6 Zigaretten und dem süßsauren Geruch von Alkohol unter Schichten wrigleys Kaugummi. Ich schiebe mir Streifen für Streifen in den Mund oder vielleicht berge ich sie auch. Es sind immernoch gezackte Linien darauf, ich fahre ihnen mit den Fingern nach als wäre dort ein Weg hinaus. Moment überzogen mit milchigem Film. Gegoren mindestens. Versuche ihn abzuwaschen. Auswaschen. Schrubben. Schrubschrubschrub. Mit Stahlwollegedanken. Ich will wieder clean sein. Pur. Rein. Mit dem Duft nach billiger Apfelseife und dem Buntwaschmittel für das ich Gutscheine habe.
So ist das mit uns die wir zu lange in den Abgrund gestarrt haben. Aber eigentlich habe ich nicht gestarrt. Schon gar nicht freiwillig. Da hat einer meinen Kopf gepackt, meine Haare erst wegen ihrer Weichheit gelobt und sie dann zu einem losen Knoten geformt. Diesen meinen Knotenkopf mit dem Körper dran zum Abgrund geschleift und mich gezwungen hineinzusehen. Mein Leben aufgehängt an Eisenhaken voll Angst und Blut und Scheiße und Schmerz. Tief eingerammt. In ichweißnichtwas. Fleisch. Körper. Nicht die Seele.
Manchmal kann ich mich nur wundern, dass nicht alle sehen können. Wie das Grauen durch meine Adern wummert, mir ein ewiges Fürchten die nackten Arme herunterrinnt, ich gurgelnd im Abfluss verschwinde.
Dann nur noch ein zartes Glimmen an mich erinnert.
Ich starre von draußen auf die Glücklichen, die in Unkenntnis und Nichterfahrung waten. Beneide sie hart während ich durch ihre Augen auf ihre orange leuchtenden Leben schaue und ihnen jeden behüteten Bissen neide.
Ich niste mich ein, ich weiß nicht wo. Ich verpuppe mich, ich weiß nicht in was. Bevor ich mich wieder hinter Notlösungen verschramme zerschmettere ich lieber. Mit einem klirrenden Lachen alle rostigen Verbindungen.
Was übrigbleibt, ist.
❤
(das formular sagt ich soll worte schreiben. aber ich wollte dir nur ein herz dalassen. weil worte eh nicht reichen würden. ein herz auch nicht. aber jetzt ist es trotzdem da.)
…was fehlt ist nie wirklich gewesen. Der Klang synthetischer Kirchenglocken an einem Feiertag zum Beispiel.
Durchgelaufene Socken an Füßen, die schon lange vergessen sind. Ein Gefühl im Rücken wie zertretener Futon.
Worte anderer werden von den Augen gelesen und zu einem Nicken übersetzt. Wo? Im Gehirn sicher nicht…nicht dort…eher in den Knien.
Hochachtungsvoll,
Minusch
ach.
(du schreibst so unglaublich gut, dass mir der Text seit gestern in Hirn und Knochen sitzt.)
Danke für diese, deine Worte – die so gut beschreiben, was ich selbst bisher noch nicht beschreiben konnte.