(Selbst)Sabotage

Ich schaffe es nicht, dieses Leben.

Es schafft mich.

Ich rennerennerenne mir selbst und meinem riesigen Anspruch nach und am Ende (ent)stehen große Erschöpfung und noch größere Löcher im Nervenkostüm.

Ich studiere wieder, die Betreuungssituation fürs Kind ist schwierig und meine Energien begrenzt.

Ja.

Die Ursachen liegen dennoch tiefer und sind so vielschichtig, dass ich sie nur langsam und oft unter großen Erkenntnisschmerzen freilegen kann.

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Das Außen:

Da sind natürlich zuallererst die Zustände, die es schwierig machen das Leben frei zu gestalten.

Darum geht es mir hier und heute aber nicht.

Auch wenn ich mich selbst nicht gern so sehe…ich mache mir (immer noch) viel zu viele Gedanken darüber, wie das, was ich tue/sage/schreibe ‚draußen‘ ankommt.

Nicht bei denen, die ohnehin nicht zu mehr in der Lage sind als  destruktiven *istischen Müll in die Welt hinauszutragen. Wer nicht mal ein bißchen eigene Positionen reflektieren oder Privilegien hinterfragen kann hat sich bei mir für einen Austausch disqualifiziert.

Nein.

Wer mich wirklich zu treffen vermag sind all die Leute, die ich off-und online großartig finde und anhängend das was sie tun/sagen/schreiben.

Ihre Meinung ist mir wichtig und somit ihr Einfluss auf mich nicht zu unterschätzen. Wenn wir uns missverstehen, Konflikte stattfinden, wir aneinander- und Gemeinsamenkeiten aus dem Fokus geraten, kann mich das schon mal so beschäftigen dass ich mich selbst dabei aus den Augen verliere. Was keinem Menschen etwas bringt, mich aber unendlich viel Kraft kostet.

Um mich genügend abzugrenzen und wiederzufinden fehlen mir bisweilen Raum und Zeit.

Zudem wünsche ich mir online oft einen Ort, an dem ich mich zusammen mit Anderen auch über immer wieder kehrende Fragen, Unsicherheiten, das Scheitern und Versagen in netzpolitischen feministischen Diskursen austauschen kann. Ohne Angst vor künstlichem B ( aka Beurteilung, Bewertung usw.) .

Worüber ich auch immer wieder stolpere ist die Unverträglichkeit politischer Arbeit mit dem Elter-Sein. Kürzlich zum ersten Mai , während vor meiner Haustür Menschen ‚ Die Häuser denen, die drin wohnen ‚ brüllten habe ich dem Kind den Rotz aus dem Gesicht gewischt und es ins Bett gebracht.

Gefühlte Lebensferne, die viele politische Kämpfe für mich haben, wenn sie doch nur in hübsch klingenden wortreichen Theorien stecken bleiben ( eine der raren Ausnahmen zum Beispiel this ) meets Für-Mich-Nicht-In-Frage-Kommende-Uhrzeiten von Treffen, workshops , Demos etc. samt anschließenden Diskussionen. Dort angebotene Kinderbetreuung ist die Ausnahme oder schlicht nicht vorgesehen. Ich weiß, dass das trotzdem machbar ist und bitte kommt  mir jetzt nicht mit ‚ ist alles eine Frage der Organisation oder ‚wenn du wirklich willst‘ blabla. Alles schon 1000mal gehört. Danke für nichts. Mir geht es um eine Änderung des status quo, nicht um eine Kritik meines Beitrages zu allem. Das mache ich schon genug, keine Sorge.

Ich will auch nicht meine Gallegehtmirüberwut leugnen, wenn sich z.B. von den Eltern gesponserte profilierungssüchtige Großmaullinke neben mir auf dem Plenum über Gentrifzierung aufregen und dann in ihre luxuriös ausgestatteten loftigen SuperWGs gehen während die Ein-Raum-Wohnung, die ich mit dem Kind bewohne langsam zu eng wird. Ich bin schon öfter in dieses Gefälle persönlicher Betroffenheiten gestürzt. Es ist einem Zusammenkommen nicht unbedingt förderlich, wenn ich Anwesenden ihre Doppelmoral vor die in vegetarian shoes steckenden Füße kotzen muss.

Das Innen :

Ich feiere mit großer Freude und noch mehr Enthusiasmus, was mir gefällt und mich weiterbringt/zum Nachdenken anregt/oft einfach ereilt und sprachlos glücklich zurücklässt. Ich bin der ausdrücklichen Meinung, dass ich das gar nicht oft genug hochleben lassen kann. Als Gegenmaßnahme zu den (partiellen !) mistigen Gegebenheiten in dieser ulkigen Welt. Ich stanze innerlich Schönmomente ein, fertige Großaufnahmen davon an und hänge alles auf.

Daneben dann meine Selbstbilder und vor allem in letzter Zeit wirke ich auf diesen klein und blass und manchmal vergesse ich völlig, wie groß ich doch schon bin und stark und wach und schön und wunderbar…

Erst kürzlich enttarnt habe ich dabei auch etwas, was ich hier die erweiterte Selbstsabotage (Danke an N. für dieses treffende Wort ) nennen möchte:

Bücher nicht rechtzeitig in die Bibliothek zurückbringen, ein fettes Bußgeld dafür kassieren; es nicht schaffen den Studi-Ausweis nachzureichen, um bloß 7 statt 40 Euro zu zahlen nach einem ohneTicketerwischtwerden in der U-Bahn (alles vorm Hintergrund großer Geldsorgen); sich mit Leuten treffen, die immer nur von sich erzählen, obwohl ich es besser weiß, dafür den Leuten, dir mir guttun absagen ( Hallo hallo A+M+J+F+K…ich lieb’euch ! ); Dinge solange nicht erledigen, bis ich sie nur noch unter großen Druck und mit viel Stress umsetzen kann ; …

Einzeln betrachtet vielleicht nicht hochproblematisch jedoch in der Summe völlig kontra und kraftgeldzeitnervenraubend. Von allem habe ich ohnehin schon viel zu wenig.

Mehr Sabotage an Strukturen, die Kackzustände ermöglichen und weniger an mir selbst.

Ein Bewusstwerden und Benennen, wo ich mir dabei selbst im Weg stehe ist vielleicht ein Anfang:)…

In diesem Sinne :